Für Eleonora war die plötzlich eingetretene Veränderung unfassbar: Er war fort! Sie überlegte, seit wann es gewesen sein konnte und warum sie nicht eher Verdacht geschöpft hatte. Hatte sie nicht genauestens auf seine Stimmungen geachtet, oder sollte sie ausgerechnet diesmal, was ihr noch nicht geschehen war, einer Täuschung unterlegen sein? Da war dieser Nachmittag gewesen, an dem er sich irgendwie von ihr entfernt zu haben schien. Aber so weitreichend?
Schon seit ein paar Tagen hatte sie nun seine Gegenwart vermißt. Aber zunächst glaubte sie ihn zu beansprucht, um sich ihr widmen zu können. Die Aussagen ihrer Schwiegermutter und der Schwägerinnen schienen dies auch zu bestätigen.
Heute jedoch, von einem Spaziergang zurückkehrend, sah sie die Fenster, hinter denen die Zimmer liegen mußten, die er bei seinen rar gewordenen Aufenthalten im Schloß stets bewohnte, weit offen stehen. Hausmädchen waren damit beschäftigt, sie gründlich zu säubern. Sie konnte das Klappern der Putzeimer bis in den Hof hinunter hören. Und in diesem Augenblick kam ihr die schreckliche Ahnung.
Ohne ihre Handlung auch nur eine Sekunde zu überdenken, rannte sie die Treppe hinauf in das obere Stockwerk. Bald stand sie vor einer der überhohen, weißlackierten Türen, die ebenfalls alle weit geöffnet waren. Sie betrat die Räume, in denen sie nie zuvor gewesen war, und hatte dabei das ungute Gefühl, als würde sie etwas tun, wozu man sie nicht eingeladen hatte. Man warf ihr erstaunte Blicke zu, aber niemand sprach sie an. Schon wollte sie die Frage stellen, die ihre Unwissenheit peinlich deutlich herausgestellt hätte, doch dann sah sie auf dem mächtigen Schreibtisch einen großen Stapel riesiger, weißer Leintücher liegen, unzweifelhaft dafür bestimmt, während der Abwesenheit des Inhabers der Räume die Möbel vor schädlichem Licht- und Staubeinfluß zu schützen. Es mußte eine lange Abwesenheit sein, die solche Maßnahmen erforderte.
Eleonora atmete tief durch, um sich die Gelegenheit zu geben, ihre Gedankenflut auf nur irgendeine Weise kontrollieren zu können. Hier war nicht mehr zu erfahren...
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